Partnerschaften setzen Vertrauen voraus
Am Arbeitsplatz geht es mehr und mehr um Partnerschaften. Wir haben einen Auftrag, und wir haben verschiedene Workflow Teilnehmer, die jeweils ihren individuellen Beitrag leisten, um ein Ziel zu erreichen. Jeder hat seinen spezifischen Part. Hierarchie spielt hier nicht mehr die entscheidende Rolle. Dieses Konstrukt funktioniert auf der Basis Vertrauen, Transparenz und Toleranz und braucht zusätzliche Leadership-Qualitäten.
Out ist…
Der Vorgesetzte, der sich weiss schonungslos durchzusetzen oder kontrollierend über die Schultern schaut oder derjenige, der als Regel zehn Minuten später als die anderen zur Sitzung kommt, verschenkt sich letztlich wertvolles Potential in Form von Respekt, Achtung und zuletzt Vertrauen. „Der kann sich das leisten“ ist eine Aussage, die ich als Coach oft zu hören bekomme. Ich bin der Meinung, das kann sich in zukunftsorientierten Unternehmen niemand mehr leisten. Denn „Mensch“ erwartet Respekt und antwortet darauf mit Respekt. Ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich meine, es ist dumm, von einem Chef zu glauben, dass er sich das leisten kann. Selbst wenn die Zahlen für ihn sprechen – als Leader, als unternehmerischer Gestalter und als Persönlichkeit – wird er über die ganze Linie hinweg verlieren.
Das macht eine gute Führungskraft aus
Eine Studie von der Pepperdine Universität in Kalifornien weist darauf hin, dass 60 Prozent der Angestellten härter arbeiten würden, wenn sie ein besseres Verhältnis zu ihrem Chef hätten. Kalifornien ist nicht die Schweiz, könnte man in die Diskussion einwerfen, noch bevor wir darauf eingehen, was ein „besseres“ Verhältnis bedeutet. Stimmt, Zürich ist nicht L.A.! In der Schweiz wären es vermutlich 80 Prozent. Denn gerade in der Schweiz werden Werte wie Vertrauen, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit in vielen Branchen noch gelebt. Die gute Nachricht ist, diese Werte sind auch auf internationaler Ebene wieder im Trend! Das ist übrigens auch das Erfolgsrezept von Matteo Renzi, wie er kürzlich an einem runden Tisch seinen Gesprächspartnern verriet. Und auch auf Verwaltungsratsebene spricht man vermehrt von der Aufgabe und Verantwortung für wertehaltiges, strategisches Gestalten, wie Professor Dr. Martin Hilb des Corporate Governance Instituts St. Gallen in den Lehrgängen für Verwaltungsräte betont. Es besteht also heller werdende Hoffnung, dass Werte in den Führungsetagen bis in die obersten Ränge in den kommenden 20 Jahren einen Relaunch erleben.
Was ist ein „besseres“ Verhältnis
Wer wünscht sich nicht eine Führungskraft, die vertrauenswürdig ist. Vertrauen hat jedoch zwei Gesichter. Noch motivierender ist eine vorgesetzte Person, die Vertrauen schenkt. Denn in diesem geschenkten Vertrauen verbirgt sich Wertschätzung und Anerkennung. So lange alles rund läuft, ist alles gut. Nur was passiert, wenn der Mitarbeiter die Erwartungen der vorgesetzten Person nicht erfüllt, einen Fehler macht oder unzuverlässig ist? Ist dann das Vertrauen verloren? Wenn ja, dann hat das mit Vertrauen nichts zu tun. Vertrauen ist unabhängig von Wirkung. Wir kennen das von unseren Kindern. Sie fallen und wir helfen ihnen in einer absoluten Selbstverständlichkeit aufzustehen und den nächsten Schritt zu wagen. Das ist Vertrauen und das ist Vertrauen aufbauen und stärken. Damit ist die Rede keineswegs von „blindem Vertrauen“. Es geht viel mehr darum, in einem ersten Schritt dem Mitarbeiter fassbar zu machen, was das Vertrauen des Chefs und der Kollegen oder Mitarbeiter voraussetzt, worauf es ankommt und wie man es schlimmstenfalls verlieren könnte. Und in einem zweiten Schritt ist dort Unterstützung vom Vorgesetzten gefragt, wo allfällige Mängel im Verlaufe des Prozesses sichtbar werden. So kann Vertrauen entstehen und wachsen.
Vertrauen beginnt im Herzen
Vertrauen beginnt im Herzen. Aber auch das Herz hat seine Grundlagen im Kopf. Cogito, ergo sum* (ich denke, also bin ich) sind berühmte Worte aus philosophischer Feder, was etwas neuzeitlicher formuliert soviel bedeutet wie „Ich glaube, dass ich weiss, dass ich denke, also glaube ich, dass ich weiss, dass ich bin**.“ In der Tat gibt es auch beim Aufbau von Vertrauen keine pauschalisierenden Rezepte. Die Erwartung an neuzeitliche Führungspersonen ist komplex und individuell. Komplex deshalb, weil es kaum mehr einfache Aufgaben gibt. Und individuell, weil nicht jede Führungskraft dieselben Voraussetzungen mitbringt sowie nicht jeder Mitarbeiter auf dieselben Aspekte vertrauensvoll reagiert. Meiner Meinung nach reicht es nicht, Management Literatur und Checklisten zu studieren. Sie sind nur ein Versuch, ein vielschichtiges Spektrum von Möglichkeiten aufzuzeigen. Es ist viel mehr ein Prozess über Jahre, ein Reifungsprozess,der bei einfachen Führungsaufgaben beginnt und im besten Falle mit Souveränität, Demut und Grossmut abgerundet wird. Das setzt Reflektion und Selbstreflektion voraus.
Merkmale von Vorgesetzten mit einer vertrauenswürdigen Reputation
- Sie geben die Richtung vor und Sie sind ein positiver Denker
- Ihr Fokus in der operativen Führung liegt auf Inspiration
- Sie finden kreative Lösungen auf komplexe Aufgaben
- Sie führen durch Zielsetzungen und setzen auf Früherkennung von intoleranten Defiziten
- Sie setzten sich für eine konsistente Richtung und transparentes Monitoring ein
- Sie sind initiativ und führen angefangene Dinge zu Ende
- Sie sehen Veränderung als wichtige Voraussetzung für Wachstum und Entwicklung
- Sie lösen Konflikte diplomatisch und lassen niemanden das Gesicht verlieren
- Sie sind ein guter Zuhörer und Sie stellen Fragen
- Sie führen durch Vorleben „walk the talk“
Ich empfehle auf jeden Fall, mit dem Herzen zu denken. Hierarchie spielt in dieser neuen Arbeitswelt nicht mehr die zentrale Rolle. „In-Teams-arbeiten“ mutiert zum gemeinsamen Lernpfad. Zu dieser neuen Art, Visionen umzusetzen, gehören gegenseitiges Vertrauen, grösstmögliche Transparenz, grossmütige Fehlertoleranz und eine lernende Organisation. Diese Wandlung beginnt mit der Frage des Vorgesetzten: „Was brauchst Du?“
* © René Descartes,
** © Wolfgang (WoKo) Kownatka, (*1938), NATO-Pressestabsoffizier, freier Journalist und Aphoristiker.
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